• Ich bin jetzt auch unter die Filmemacher gegangen, sozusagen der Wenzel Storch im Tierfilmer-Froschlaich. Grimme-Preisverleiher, rollt schon mal den roten Teppich aus!

    Voila, hier ist er, mein erster minutenfüllender Spielfilm!


    Amsel eins: Ein Leben von der Stange? von dm_515444df18fb1

     und hier auch noch der "Director's Cut", mit noch mehr Verfremdungseffekten und unbenutztem Material...


    Amsel_eins_directors_cut von dm_515444df18fb1


    2 commentaires
  • Wer in Köln interessante Kunst sehen will, kann natürlich ins Wallraff-Richartz-Museum oder ins Museum Ludwig gehen oder ins Kunsthaus Rhenania oder in die Kunststation Sankt Peter. Eröffnung der Kunstmeile Rodenkirchen 2013Aber da müsste er sich schon Siebenmeilenstiefel zulegen, denn diese Ausstellungsorte liegen weit auseinander. Enger beieinander und an einem Nachmittag abzuschreiten sind die periodisch wiederkehrenden "Kunstmeilen", die meist rund um einen verkaufsoffenen Sonntag vom Verein der jeweils Gewerbetreibenden eines bestimmten Viertels organisiert werden. Da beteiligen sich dann Fachgeschäfte, Einrichtungshäuser, therapeutische Praxen, Optiker, Sparkassen u.v.a. und werden zu Ausstellern mehr oder minder passender Werke. Wir hatten auf diesem Blog schon die Kunstmeile Longerich angesprochen, von Künstlern initiiert, die es bisher 2x gab, aber sie ist eigentlich nur eine verarmte Cousine der luxuriösen Rodenkirchener Kunstmeile, die weit bessere Presse und großzügigere Mäzene hat. Sie wurde nämlich vom Goldschmied Jürgen Alius (ob das ein Künstlername ist, weiß ich nicht, aber seine Kreativ-Kreationen sind sehenswert) erfunden und findet gerade zum elften Mal statt. Und da wir die wenigen Kilometer von Raderthal nach Rodenkirchen mit dem Bus zurücklegen können, sind wir hingefahren, zur Eröffnung (da regnete es allerdings in Strömen) und zum verkaufsoffenen Sonntag (da hatten wir aus andern Gründen wenig Zeit, und kalt war's auch). Ich hatte aber Gelegenheit, mir die Bilder von Manfred Weil anzusehen, Ausstellung Manfred Weil bei Alius, Rodenkirchendessen Schwägerin seit einiger Zeit mit mir korrespondiert und die mir auch ein Buch über sein Leben geschenkt hat. Und was für ein Leben! Mit 15 Jahren erlebte der junge Mann, dessen Mutter katholisch und dessen Vater jüdischen Glaubens war, im Frühjahr 1933 Denkmal für das Lager Gursdie Nazi-Machtergreifung. Er besuchte eine jüdische Schule und lernte das Handwerk der Tischlerei, eigentlich wollte er nach Palästina (daher das Handwerkliche, obwohl ihm die Kunst besser gefiel), aber dann verpasste er den Absprung, ging nach Antwerpen, wo er an der Kunstakademie studierte. Als die Deutschen Belgien überfielen, wurde er ins Lager Gurs deportiert (zufällig war ich vor einiger Zeit in Mannheim, wo man mit Entfernungsschildern aManfred Weil, im Katalog blätterndn die Deportation badischer und insbesondere Mannheimer Juden dorthin erinnert). Von dort hat Weil eine tollkühne Flucht gewagt und ist - wider Erwarten nicht nach Westen, über die Pyrenäen geflohen, sondern nach Belgien zurückgekehrt, wo er das Wagestück unternahm, sich Papiere zu besorgen,Masnfred Weil heute die keinen "J"-Stempel trugen. Mit diesen Papieren, die er auch seinem Bruder verschafft hat, ist er - und das war vermutlich sein Glück, weil niemand damit rechnen konnte - wieder nicht nach Westen oder in eine Hafenstadt gegangen, um zu fliehen, sondern hat sich als "germanischer" Belgier anwerben lassen für den Arbeitsdienst im Deutschen Reich. Offenbar hat er sich mit seinem Bruder mehrere Jahre in diversen Fabriken im Reichsgebiet aufgehalten und gelegentlich auch "gestreikt", was selbst deutschen Arbeitern nicht möglich war. Ein vergleichbares Schicksal erlebte der Exilschriftsteller Georg K. Glaser, der in Paris als Kunstschmied arbeitete und dort schon naturalisiert war, als er bei Kriegsausbruch eingezogen wurde und als französischer Kriegsgefangener zur Zwangsarbeit nach Deutschland  musste, immer in der Angst, seine Identität als deutscher Schriftsteller und einstiges KPD-Mitglied könnte entdeckt werden. Schließlich aber 1942 entschlossen sich die Brüder Weil, wieder über die grüne Grenze zu gehen, diesmal in die Schweiz. Auch hier Arbeitslager und Straflager und Knast, wegen Widersetzlichkeiten gegenüber den ausbeuterischen, teils antisemitisch gesinnten Kommandanten. Die Schweiz als Emigrationsland wird hier in düsteren Farben geschildert. Aber: "Ihr kriegt mich nicht!" heißt ein Filmprojekt, das sich mit seiner Biographie beschäftigt und demnächst realisiert werden soll. 1945 kehrte Manfred Weil zurück, trennte sich auch von seiner Schweizer Freundin, die er erst 16 Jahre später wiedersah. Er ging ins völlig zerstörte Köln, wo er an der Werkschule und an der Universität im besser davongekommenen Bonn studierte, sah seine Mutter wieder, die in Leipzig ebenfalls NS-Drangsalen ausgesetzt war, während sein Vater im Vernichtungslager umgekommen war. Heute lebte Manfred Weil in Meckenheim, ein Freundeskreis organisiert verschiedene Aktivitäten rund um sein Lebenswerk. Ich hab mir die Biographie, die eine Historikerin namens Mechthild Kalthoff sehr flüssig und spanned geschrieben und mit aufschlussreichen Aktenzitaten angereichert hat, vom Künstler signieren lassen, der hat's dann irrtümlich seiner Schwägerin gewidmet, ich darf es aber trotzdem behalten.

    Jetzt bin ich über das Leben des Künstlers ganz von der Kunstmeile weggekommen. Die bei Alius ausgestellten Manfred-Weil-Bilder sind alle gut bis hervorragend (wir hätten beinah eins gekauft, aber der Preis war dann doch jenseits unserer Möglichkeiten,Michaela Merzenich auf der Kunstmeile Rodenkirchen 2013 und woher bei uns eine leere Wand finden?), wenn auch auf unterschiedliche Weise. Man merkt, dass der Maler viele Jahre kunstgewerblich tätig war, Klein-Kunst für schmale Beutel: Mann und Frau genügen sich selbstund bei der Auswahl mehr auf die Wünsche seiMichaela Merzenich auf der Kunstmeile Reodenkirchenner Kundschaft Rücksicht nimmt als einem stilistischen Eigensinn oder einer epochalen Berufung zu folgen. Und das ist ja auch ganz richtig so, denn hier in Rodenkirchen kann der Künstler mit einem Käuferkreis rechnen, der sich die Bilder auch leisten kann.  Wäre ich allerdings Galerist und er noch jung und unbekannt, würde ich ihm raten, sich auf eine Werkgruppe zu konzentrieren und mit dieser sich einige Jahre durchzuhungern, bis sein Name unverwechselbar eingeschrieben ist in den Katalog der Moderne. Aber ganz so modern will Manfred Weil auch gar nicht sein. Ich würde gern mal in sein Atelier gehen und eine ganz persönliche, mir zusagende "Top Ten" aus dem Fundus unverkaufter Bilder heraussuchen. Da sind bestimmt Entdeckungen zu machen. - Die hier gezeigten Bilder sind hingegen "brav", vor allem an Vorbildern aus dem Picasso-Umfeld orientiert, besonders die Zeichnungen - z. B. Frauenakte, die sinnigerweise in den Schmuckvitrinen neben schönem Halsschmuck von Alius liegen - erinnern in ihrer Leichtigkeit und der Linienführung an Jean Cocteau, anderes, als hätte man einen Picasso vor sich, der sich in einer den Biographen bisher unbekannten, "grünen" Periode der naiven Malerei in ihrer Schlichtheit und Lebensfreude hingegeben.

    Der Künstler Kunstmeile Rodenkirchen 2013kam mit seiner Familie und weiteren Gästen noch selbst, als wir in der Ausstellung herumstanden, als es dann voller wurden, verdrückten wir uns und schritten die Kunstmeile ab. Spanische Wand nach Petersens BearbeitungDabei sahen wir noch einiges andere, mehr oder minder Überzeugende, monochrome "Schürfbilder" beispielsweise (wie ich sie nennen würde, einfach die Farbe mit dem Spachtel abgezogen), mit denen ich nichts anfangen kann, einen mystisch (wie der Wald von Binham vor das schottische Schloss) ins Dreidimensionale vorrückenden roten Stängelwald von Jeannette de Payrebrune und die karikaturhaften Tierbilder der Gerda Laufenberg, die sich auf diese Weise der Pflicht zur Familien-Porträtierung entledigt. Das gefiel uns sehr gut, auch die comic-ähnlichen Arrangements von Mädchenbildern, die Michaela Merzenich ("Mime") pJan Malte Petersens Sorgensuppeassend zum Boutique-Ambiente in die Marc-Rheingalerie stellt. Bei Jan Malte Petersen, der eine Kollektion satirischer, teils patrairchats-, teils kapitalismuskritischer (und daher im noblen Rodenkirchener Umfeld durchaus widerständig wirkender) Gebrauchsbilder für Liebhaber von Titanic-Scherzen auf rosafarbene, den Neid meiner ebenfalls künstlerisch tätigen Gemahlin erregende Stellwände montiert, leuchtete mir die spanische Wand mit eingeschnittenen Rotkreuz-Gucklöchern ein, zumal sein Oeuvre bei Betten-Bischoff im Einkaufszentrum Sommershof Quartier gefunden hat. Diese Kunstwerke sind übrigens sehr preiswert bzw., haben auch ein vernünftiges, ready-made-faires Preis-Leistungsverhältnis, man darf  keinen Eiffelturm von Delaunay mit Picasso-Nordlichtern dran verlangen, aber das Bild von der (Warhols Campbell's-Werbung nachempfundenen) Castor-Konserve mit Strahlemann-Warnhinweis auf dem Deckel würde in manche 70er-Jahre-KKW-Gegner-WG-Küche passen, wenn's die noch gäbe.


    votre commentaire
  • Heute ist der 200. Geburtstag von Friedrich Hebbel, und im Radio war der Sekretär der Hebbel-Gesellschaft zu hören. Im fernen Dithmarschen liest man keine Lexika mit weiterführenden Literaturangaben, und deshalb hat der Interviewte vor Jahren Briefe der Amalie Schoppe herausgegeben, ohne darauf zu achten, daß einige von ihnen längst erschienen und ihre Druckorte im Artikel der Neuen Deutschen Biographie, den er ebenfalls nicht kannte, angeführt waren. Eigentlich könnte im September auch der 155. Todestag von Amalie Schoppe begangen, oder besser gefeiert werden, die Hunderte von Büchern hinterlassen und Hebbel gefördert hat, der sie entsprechend schlecht behandelte - junge Genies beißen gern die Hand, die sie füttert. Das ist ja auch bei Richard Wagner nicht anders gewesen, der im Mai mit dem 200. Geburtstag dran ist. Der hat sich bekanntlich von Meyerbeer in Paris überall empfehlen und kreditieren lassen (auch in pekuniärem Sinn) und anschließend die Hetzschrift über das Judentum in der Musik verfaßt. Gleichviel, heute, zu Hebbels Geburtstag, erheben und von den Plätzen, ergreifen das Glas mit Küstennebel und stimmen in Grillparzers (hatte seinen 222. Geburtstag am 15. Jänner, wirklich und warhhaftig steht in Grillparzers Wikipedia-Artikel "Jänner", auch beim Todestag, das war der 21ste in 1872, die haben jetzt nach der sz-Sonderregel offenbar eine österreichische Mundart-Regel eingeführt, beim Primus von Quack und seinem Röserl Karfiol mit zehn Deka Gselchtes!) noch immer, auch für die Wikipedianer aus Österreich, nur bei denen reimt es nicht, gültigen Schlachtruf ein:

    Richard Wagner und Friedrich Hebbel
    tappen beide im ästhetischen Nebbel.
    Behagen die beiden b dir nicht,
    so denke, daß der Nebel sehr dicht!


    1 commentaire
  • Gestern haben wir uns im "Rex am Ring" (auch nur noch ein Schuhkartonkino) Steven Spielbergs Lincoln reingezogen. Da qualmt der Hauch der Geschichte aber dermaßen dick aus allen Leinwandporen, da brauchste keine 3-D-Brille, wobei mir fast peinlich war, dass wir zuvor beim Rathaus die neue hyperschicke, zumthor-ähnlich holzlattenverkleidete U-Bahn-Station der 5 benutzt hatten (die nächste auf der Strecke südwärts, am Waidmarkt, ist noch unbenutzbar, da muss erst der Staatsanwaltslift in den "Begehungsstollen" fertig werden, in den Krater, in dem das Stadtarchiv verschluckt wurde, und zwar zur "Beweissicherung", ein halbes Jahrzehnt nach der Versenkung unserer 1500jährigen Aktenberge)... Wir geschichtsvergessenen Europäer kBölls Glastürönnen heilfroh sein, wenn bei uns nach dem heimrichen Noböllpreisträger mal eine Glastür in der Südstadt benannt ist. In Amerika, da weiss man Tradition noch zu schätzen. Der Film hat jede Menge Komparserie, wer immer einen Backenbart oder eine Furchenstirn sein eigen nannte, wurde gecastet (und zwar Männer, das war nun mal so in der damaligen Politik, die Mädels gucken höchstens oben vom Zuschauerrang runter und sind daher nur halb zu sehen). Spielberg durfte sogar die originale Taschenuhr von Lincoln ticken lassen. In der synchronisierten Fassung allerdings, die wir sahen, tickt nichts richtig, außerdem wurde ich nervös, weil der Schauspieler mit dem Zeigefinger gegen das kostbare Teil flitscht, und die rauhbeinigen Parlamentsredner krakeehlen auch nicht ganz so überzeugend. Aber dann wieder die Inneneinrichtung, wie aus "Landhaus living", im aulde country style: Jede Menge Bibliothekswände mit Lederrücken, Teakholz, alte Dokumente, und dann schimmert und blitzt in all den Brauntönen plötzlich was Goldenes, der Notgriff am Schreibtischaufsatz oder was weiß ich und man denkt: Benson & Hedges! Racke Rauchzart! Feinste cubanische Fehlfarben-Havannas mit elfenbeinernem Ratsherrensilbermundstück, und tatsächlich kräuselt sich schon der Qualm aus einer solchen, den der Außenminister dem antichambrierenden Dorfdeppen-Paar ins Gesicht bläst. Das White House erinnerte sowieso an eine Hotelkette für besonders konservative Touris. Und dazwischen dann dieser Brite, der schon in Gandhi und Im Namen des Vaters mitgespielt hat & inzwischen die irische Ehren-Staatsbürgerschaft hat, und so groß ist, dass er permanent gebückt gehen muss, um ins Kamerabild zu passen. Kohl hat ja mal in Lincolns Bett geschlafen, die Körpergröße war nicht unähnlich, aber der Knebelbartträger war viel magerer als der Vierfachkinnige. Jede Menge Abiturienten und Politiklehrer im Publikum, das Popcornfuttern ("mittlere" Portion, kam uns wie ein Fass vor)  haben wir aber pietätvoll eingestellt. Spielberg hat im Interview angedeutet, man könne sich auch  einen Film vorstellen, der den  Einfluss von Frederick Douglass auf Lincoln darstellt, und da sage ich natürlich; JA, Meister Spielberg, ran an den Speck, und natürlich die Nebenfiguren nicht vergessen, ich sage nur: "Love across Color Lines!" und vor Schreck hat Missouri daraufhin endlich die Ratifizierung des 13th Amendments, die erst 1995stattfand, der Registratur des Staatsarchivs in Washington auch mitgeteilt, weshalb sie erst im Februar 2013 registreirt und damit wirksam wurde (Lincolns Geburtsstaat Kentucky hat es bereits 1976 ratifiziert, nur 131 Jahre nach der Abstimmung im Kongress). Der Schluss mit dem Umritt durch die Leichenberge von Petersburg, Virginia, wo ein hippiebärtiger Veganer auf dem Rücken liegt und röchelnd offenen Auges in den Himmel starrt, als halte er nach Regenwolken über Woodstock Ausschau, die war dann doch ein bisschen dick aufgetragen, wie überhaupt der Film nach der glücklichen Verabschiedung des Amendments und der Gutenachtlektüre des Radikalrepublikaners Thaddeus Stevens mit seiner schwarzen Aufwarte- bzw. Zitat aus begeisterten Dankschreibenheimlichen Ehefrau (beim Gutenachtkuss hätt man das Licht ausmachen sollen, aber es ging viertelstundenlang weiter) ins Irrsinnige abgleitet, alle gucken sich nur noch bedeutungsschwanger an und sprechen in Sätzen, die man gut & gerne ins Mount-Rushmore-Felsmassiv meißeln könnte, vorher hatte das Plüschige und Perückige an der Ausstattung davon abgelenkt. Das kann man sich trotz des ermüdenden Schulfunkanteils und der fritz-lang-mäßigen Massenszenen (immer so gruppiert um irgendein Zentrum, selbst wenn sie nur mal eine Treppe hinunterstürzen) mit Vergnügen am lebendigen 19. Jahrhundert anschauen. Hätte gern das damals aktuelle Stück im Ford Theatre noch weiterverfolgt, aber da musste die Kamera schon auf den grünlich beleuchteten und, als wär er grad vom Kreuz abgenommen worden, aufs Bahrtuch gebetteten Lincoln schwenken, der in der Rückblende auch noch mal ganz christusmäßig die Arme ausbreitet und den Schulkindern, die sie auswendig lernen müssen, nun noch einmal seine berühmte Rede vorsagt.


    votre commentaire
  • Raus mit der Sprache? Reden Sie sich's von der Seele? Echt? Dann macht euch auf was gefasst! Na schön. Ihr wollt's ja nicht anders. Also denn: Ich habe: kein Handy, keine Armbanduhr, keinen iPod, kein iPad und kein iTunes oder wie die Dinger heißen mögen,Schiller-Gedenktafel im Mergentheimer Schlossgarten kein eBook, kein knieBook, kein eyeBook, kein schreiBook (wohl Schreibbücher) und keinen XXL-BildAeppel Store, Köln Fotosschirm am Fernseher (dass wir uns nicht missverstehen: das soll kein Wink mit dem Weihnachtspfahl sein, ich will das nicht haben und würde auch nicht nächtelang vor dem Erstverkauf bei irgendwelchen Obstgeschäften kampieren, um solche Geräte als erster zu kriegen!), und das Allerschlimmste: Ich habe kein satellitengestütztes Global-Positioning-System-Navigationsgerät, vulgo "Navi". So ist es nun mal und basta.
    (Dieses Foto rechts von unserem Sülzer Aeppel Store wurde von TripAdvisor zur Verfügung gestellt.)
    Bitte, schießt mich tot, aber ich brauch das nicht. Ich hab auch die Modetorheiten der Tamagochis, der Quadrophonie-Lautsprechersysteme und der zusätzlichen Bremslichter in der Heckscheibe übersprungen, und zwar, weil ich, jawohl!, die Hutablage für meinen alten Hut freihalten wollte. Denn erstens gehört mir nur ein halbes Auto, mit dem ich nur selten fahre, und zweitens kann ich mir die paar Strecken, die ich kenne, auch noch so merken und für die seltenen anderen gibt es ja noch immer Straßenkarten und Stadtpläne. Ich weiß wohl, dass es die sprechenden Alternaviten mit den meist weiblichen, wohlmodulierten Stimmen gibt (wer die nicht mag, kann sich den John-Wayne-Synchronisator oder Marcel Reich-Ranicki draufschaffen), die den vorwiegend männlichen Autofahrern mindestens ein- bis zweimal am Tag versichern: "Sie haben Ihr Ziel erreicht!", was ja immerhin ein gewisser Trost sein kann in den Fährnissen des Alltags. Bevor ich eine Zeile riech', die nicht auf einen Reichen zielt, wird eher noch ein Ziel erreicht, das mir den richtigen Riecher zeicht, äh - okay, nicht lustig. Neulich passierte mir aber mal ausnahmsweise etwasHandywerbung Globuskopf Lustiges. Ich war als Beifahrer im PKW einer Bekannten unterwegs, die mit Navi fährt, und zwar durch den Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim, u. a. um die Schlosskirche zu sehen, und als wir wieder aufbrechen wollten, führte uns das Navi in die "Viehskowstraße", mit hartem F-f im Anlaut, wie Virchow, Volkow (Hirnforscherin und Urenkelin von Trotzki), Volker, Volkswagen und andre Namen ("Sie sagen ja auch nicht Water zu Ihrem Vater", meinte Karl ff-Valentin dazu). Und mit langem Dehn-o im Auslaut, den ich spontan mit w schreiben würde. Preußisch-pommersch-meckl-brandenburgische Adlige, über die schon Fontane seine Kalauer reimte, die aus Mecklenburg-Vorpommern stammen und zwischen Güstrow, Altentreptow, Buckow und Basedow aufgewachsen sind und beim Italiener kellnern, schreiben laut Titanic ja auch ganz gern ein »heute Spaghetti mit Pestow« auf die Stelltafeln vor dem Eingang. Viehskow, Viehskow, ich zermarterte mir das Hirn, sollte etwa Johann Daniel Viehskow (1586-1627) gemeint sein, der Erfinder des Impfserums gegen die lilagepunktete Bartflechte, oder Heinrich Wilhelm Viehskow (1852-1907), der Entdecker der merowingischen Stieftantengräber in Abbayé-sur-Thélème? Oder war die Straße eventuell nach beiden Trägern benannt? An dem f-Anlaut war auch nichts auszusetzen, ebensowenig am o-Auslaut, aber Oggersheim,Schiller-Tafel in Adelsheim wo Dr. Helmut Kohl residierte, bevor er erst zum Zar und dann zum Zombie wurde, ist nun mal Zufluchtsort des Dichtertitanen Schiller gewesen bei seiner Flucht vor dem Landesherrn von Württemberg. Schiller hat auch ein Stück geschrieben über den Aufstand gegen die Herrschaft des Andrea Doria in Genua, wobei der anfangs erfolgreiche Rebell, der im weiteren Verlauf des Dramas versehentlich seine Frau erdolcht, weil sie einen Purpurmantel trägt (das ist der Mantel der Geschichte, in diesem Fall aber wirklich, während es bei Kohl und Gorbatschoff Strickjacken waren), den er dann selbst anzieht, auf eine Gondel steigt, ins Wasser fällt (bzw. geschubst wird, bei Schiller, sonst wär die Geschichte mit dem Mantel der Geschichte gar zu grausam-zufällig - war er nicht sogar darüber gestolpert?) und vom Gewichte des vollgesogenen Purpurgeschichte auf den Grund der Lagune gezogen wird - ein echtes Fiasko! Deswegen heißt der Kerl wohl auch so, Fiesco zu Genua, nur mit e gesprochen und zwar diphtongisch (denkt euch ein Trema über dem e): Fie - jäss - koh. So und nicht anders spricht sich das aus. Das wurde aber der Navi-Stimme von den Programmierern nicht beigebracht, die Dame sagt "biegen Sie jetzt rechts in die Viehskowstraße", und wer's nicht glaubt, bitte, fahrt nach 67071 Ludwigshafen am Rhein und tippt vorher die Fi-eskostraße ein!


    3 commentaires