• Schulen im Farbenrausch

    Anmarsch zum VeedelszochKundeninformation der KVBZum kleinsten Zoch von Kölle in der Schulze-Delitzsch-Straße sei hier noch ein Link mit Bildergalerie nachgetragen. Für diesen Kleinen Umzug muß die KVB nicht ihren "Zugweg" unterbrechen wie hier die Linie 16, denn er ist nur 12 Minuten lang zu sehen - so oft fahren bei uns die Busse nicht! Wir hatten uns verpflichtet, am (darauffolgenden) Sonntag die traditionellen Kölner Schull- un Veedelszöch zu unterstützen, zumindest die Gruppe No. 13: "Das blaue Wunder von Kölle"- die aus einem Schulprojekt hervorgegangen war, Untertitel:Veedelszoch der da-Vinci-Schule "Blau ist auf jeden Fall grüner als gelb". Was wir beisteuerten, hatte meine Frau eigentlich für unsere Versorgung in den tollen Tagen vorbereitet, nämlich ein paar Liter seMona-Lisa-Kostümgruppelbstgebrauter Erbsensuppe, in die wir dann noch jede Menge Wurst würfelten. Bei dem Schulprojekt drEruocchio im Veedelszochehte sich alles um die Farbe Blau, der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete über die wunderschönen Bildideen, blaue Produkte wurden verkauft, die wiederum der Finanzierung des Projekts dienten.  Für den Spaß, im Zug mitzugehen, musste jeder Studierende 5 EUR investieren, Geld, das der Beschaffung von Kostüm und Kamellen diente, über die vom Erlös angeschafften Kisten mit plastikverpackten Popcorn-Portiönchen hinaus hatte der findige Zug-Projektleiter, der zugleich die Schülerband organisiert hat, die auf einem vom Hausmeister gesteuerten Kastenwagen spielte,Chinesische Delegation auch noch Gratis-Quellen für Halsbonbons entdeckt ("die können wir dann nach dem Zug selber brauchen"). In der Zeitung steht dann wohl so eine winzige Notiz, bei den Roten Funken sei am Freitag um zwölf Wurfgut abzuholen, man fährt hin und bekommt sackweise Reklamepröbchen irgendeiner sponsoring-werbenden Markenfirma. Das erzählte mir der Lehrer, während wir die Suppe in mitgebrachtePapp-Dom vom KarnevalszugDom mit Geißbock im Veedelszoch Plastikteller auskellten und die hungrige, seit Stunden im Kalten ausharrende Truppe mit Brot, Servietten und Plastiklöffeln aussstatteten. - Danach packten wir Dampfkochtopf und "Kochkiste" (Styropor-Ummantelung mit herausnehmbarem Kochtopf), mit denen wir die Suppe beim Transport sehr gut warm halten konnten, auf unsere Drahtesel, verketteten die am Chlodwigplatz und sahen uns mal wieder bei der Aufstellung des Zugs um. Dabei hätten wir sogar "Tribünenkarten" haben können, die uns der Initiator der Veedelszochbeteiligung aus lauter Dankbarkeit für den Suppeneinsatz geben wollte, aber den ganzen Tag da herumzuhängen, womöglich die idiotische Lokalzeit-Kommerzkacke und den schwachsinnigen Moderator zu hören, der sich bei seiner kölschsprechenden Partnerin erkundigt, wie man "in den Rhein reinwerfen" auf Kölsch sagt - nee. Letzteres bezog sich übrigen auf das wirklich hübsche Ensemble, das die an der Hohenzollernbrücke klemmenden Vorhängschlösser thematisiert und schon im letzten Zug unterwegs war, ich glaube sogar, im Rosenmontagszug - ein besonders auffallend schön dekorierter Prunkwagen wird vom festordnenden Komitee in der Regel damit prämiiert, dass die armen, hundemüden und durchfrorenen Schul- und Viertelskinder mit ihren erwachsenen Betreuern - viele Liebesschloss als Karnevals-Themapensionierte Lehrer, die nochmal das Saxophon oder den Schellenbaum mitbringen - am Rosenmontagmorgen schon wieder um 6.00 früh auf die Walz gehen müssen, um den ganzen Tag mit den "offiziellen" Funken und PrinzengardenKölner Veedelszoch gegen Atomkraft und Musketieren etcetera herumzumarschieren. Ein zweifelhaftes Vergnügen, das nach meiner Meinung die Mona-Lisa-Kostümgruppe vom  Leonardo-da-Vinci-Gymnasium am meisten verdient hätte, ich musste schallend lachen über den Einfall und vor Bewunderung Bauklötze staunen, wie toll das umgesetzt wurde: Alle Kinder hattenKölschgläser in der Schule einen Mona-Lisa-Rahmen am Kopf befestigt, und das sah wirklich lustig aus, stellt das Thema "wer war Mona Lisa" intelligent zur Schau (auch kleine Jungs steckten hinter den Bilderrahmen) und spielt noch subtil auf die Bilderfälscher-Affaire an, die sich hier in Köln am Kölner Auktionshaus Lempertz bzw. bis November 2011 am Landgericht Köln abgespielt hat. "Wat wollt ihr vom Beltracchi, mir sin die Orijinale!", hätten diese Kinder ihre Gruppe auch betiteln können.

    Die Stimmung in der Zeit zwischen morgendlichem Vorbereiten - Aufbau der Wagen, Eintreffen der Gruppen, Lagebesprechungen, Dicke Bertha-GlockentruppeWarmspielen der Musikanten und Einüben von Tanzschritten bis hin zum eigentlichen Abmarsch um 11.11 Uhr ist voller Spannung und Verheißung. Eine süße Mischung von Vorfreude und wichtigem Ernst, mit dem alle Teams zusammenarbeiten. Einen Superstar würde man hier vergebens suchen, alle müssen sehr diszipliniert sein und sich auf Absprachen verlassen können, wenn das Ergebnis gut sein soll. Da werden Kostüme zurechtgezupft, die ja aufs Haar gleich aussehen sollen, da werden Taschen und Körbe mit dem begehrten Kamellenzeug gefüllt, ich liebe diese Atmosphäre. Veedelszoch der Friedrich Wilhelm-GymnasiastenBei den Schull- und Veedelszöch kommt noch dazu, dass nicht alles so perfekt organisiert ist, dass die Gruppen nicht so hermetisch abgeschlossen sind und nicht misstrauisch geguckt wird, ob man wohl von der Schokolade oder den Blumensträußen vorab was mitgehen lassen will. Übrigens laufen jede Menge "Zugordner" herum, fast für jede Truppe ein bis zwei, und einen hörte ich schimpfen: "Dat hat mit Spaß an d'r Freud nix zu dunn...", der musste bestimmt irgendeinen Karnevalisten zur Schnecke machen, weil er die brandpolizeilichen Konditionen nicht beachtet oder seinen Prunkwagen zu weit in den Bürgersteig hinein geparkt hatte, was weiß ich. Eine Schnecke, gewunden aus Spanholz, hatte übrigens ein Lieferwagen aus dem Quäker-Nachbarschaftsheim auf dem Dach (ich musste eine Weile nachdenken, bis ich merkte, dass es eine Schnecke ist).

    Sterne und SonnenBeim Durchgang durch die Zugaufstellung fiel mir auf, wie der ökologische Gedanke auf vielen dieser Themenwagen im Mittelpunkt steht. Fischesterben im Rhein, von Uran, Giftmüll undRheinverschmutzung als Karnevalsthema anderem Teufelszeug verseuchtes Wasser, eine Schule hat sich ganz der geplanten Einführung von Sonnenkollektoren zugewandt (entsprechende Dächer trugen die Verkleideten MS Colonia und das Fischsterbenals Hüte) und sagt "Atomstrom-nein-danke" ("Fott domet"). Einige gingen direkt als Sonne oder Sterne, und wir erlebten es, dass die heranmarschierenden Sonnen- mitten in die sich mopsenden Sternenkinder hineinliefen, was sich farblich sehr hübsch ausnahm. Das Thema Wasser wurde mehrmals angegangen, auch mit einem Loblied auf die Kölner Brunnen und den Vater Rhein, dessen kleine Gefolgschaft in blau-silbrige Tropfenkostüme gehüllt auftrat. Wie immer verliehen manche auch einfach ihrer patriotischen Emphase für Streichholz-Kostümgruppe im Veedelszochihre Heimatstadt poppigen Ausdruck, indem sie sich als "Dicker Pitter" (die Glocke des Kölner Doms) verkleideten, den Dom mit und ohne Pappnase aus Pappe nachbildeten oder den Dom selber als Jecken verkleideten, neben einem weidenden Geißbock namens Hennes (Wappentier des 1. FC Köln). Aber auch die Bildungsmisere wurde thematisiert, von einer Privatschule "Colonia Agrippina", deren Studierende als Feuerlöscher verkleidet herumliefen und "den Bildungsbrand" löschen wollten, die Finanzkrise ("Eurocchio") lieber spielen als daddelnund daraus folgende Sparmaßnahmen, "da sparste disch kapott", und Kritik an facebook übte die Gemeinschaftsgrundschule Irisweg, indem sie die Kinder als Mensch-ärgere-dich-nicht-Puppen oder Würfel verkleidete ("Echte Fründe spiele zesamme") und dem Computer-Nerd (Brille, häßlich) ein hand volleyballspielendes multikulturelles Duo gegenüberstellte. Alles diese Fußgruppen und Prunkwagen waren farbenreich und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Nur eine einzige, die etwas seltsam auf dem Chlodwigplatz herumtanzte (ein Rollstuhlfahrer war auch dabei), die hatte sich auf Schwarz-Weiß kapriziert, ich nannte sie die "Gruftie-Gruppe", weil mich ihre Deko an mexikanische Allerheiligen-Skelettbilder erinnerte, aber letztendlich dann doch irgendwie avantgardistischer wirkte.

    Bemerkenswert waren, neben der Chinesischen Delegation, die wir gleich zu Beginn anrücken sahen (Köln hat eine Partnerschaft mit Peking Kostümierte Karnevalistenund dieses Jahr ist da irgendein Jubiläum zu bedenken), die vier bis sechs monumentalen Streichhölzer, die wir durch die Straßen wanken sahen, und die wir später bei ihrem Mottowagen (irgendwas mit "Feuer Wagen des Quäker-Nachbarschaftsheimsund Flamme für", auf Kölsch, versteht sich) wiedertrafen. Und ein mir wohlvertrautes rechtsrheinisches Gymnasium hatte, angesichts des Karnevals-Mottos "Jedem Jeck sing Pappnas'", auch den Dichter Hölderlin umstandslos als solchen definiert und ihm diese aufgesetzt. Und dann war da noch die Rentner-Apotheke, die allerlei Süßigkeiten in beschrifteten Medikamentengläsern aufbewahrte und vermutlich ebenfalls ins Publikum warf. (Die "Kamellenschleuder" einer Schülergruppe, von der im Radio erzählt wurde, haben wir übrigens nicht in Aktion gesehen...) Kostümgruppe zum Thema WasserBesonders anrührend war das Motto "mer jonn heim" des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums - ihre Schule wäre um ein Haar ebenfalls in den U-Bahn-Abgrund gekarnevalistisches Hölderlin-Schulplakatrissen worden, ganz hier in der Nähe, als das Kölner Stadtarchiv einstürzte, und sie haben ihren Unterricht an verschiedenen Ausweichplätzen in Köln durchgezogen.

    Wenn ich mir's recht überlege, ist das gar kein Sakrileg, dem Hölderlin eine Pappnase aufzusetzen. Handeln nicht germanistische Doktorarbeiten ständig vom "Dionysischen" bei Hölderlin, Nietzsches und wem nicht alles? und dass der Winter am angenehmsten verlebt wird, wenn man ein bisschen feiert, hat der Dichter selber in einem seiner Wintergedichte anklingen lassen: "Doch glänzend ist der Tag vom hohen Sonnenstrahle / Es glänzt das Fest den Städten aus den Toren."schwarz-weiß-Kostümierung im Karneval Damit kann doch auch die Versammlung kostümierter bunter Schul- und Vereinsbevölkerung vor dem Severinstor am Chlodwiglatz gemeint sein. Jedenfalls blieb die Witterung, anders als angekündigt, während der gesamten Zugstrecke sonnig und einigermaßen trocken, von winzigen Nieselphasen abgesehen, und als man den Hagel hier fallen hörte, waren die Feierlichkeiten längst vorbei und die Protagonisten in der warmen Kneipe.

     


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  • Commentaires

    1
    karinkornelia Profil de karinkornelia
    Lundi 20 Février 2012 à 11:44

    An alle Nerds: Die Kinder spielen nicht Handball, sondern Volleyball, allerdings mit Hilfe eines Fußballs.


    Tolle Stimmung, schöne Bilder, das ist dann schon eher Karneval, der Spaß macht.



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